Samstag, 21. März 2009

MBSR Stressbewältigung durch Achtsamkeit

Heute möchte ich euch mal über eine interessante Entdeckung berichten, die ich in den letzten zwei Jahren machen konnte.
Vor ca. zwei Jahren begann ich, wie an anderer Stelle schon erwähnt, eine Psychotherapie. Etwa zur gleichen Zeit habe ich wieder begonnen mich intensiver mit Buddhismus zu beschäftigen.
Ihr kennt das sicher, dass man nach jeder Art Hilfe greift, wenn man in scheinbar auswegslosen Situationen steckt. Für mich war dies der Buddhismus, speziell die Meditation.

Interessanterweise stellte ich bald fest, dass es da gewisse Überschneidungen gab. Auch meine Therapeutin empfahl mir zu meditieren - spezielle visuelle Meditationen (dazu später auch noch Infos) - bzw. erarbeitete sie mit mir Dinge, die ich auch in verschiedenen Büchern über Buddhismus las. Etwa "Loslassen können", "eigene Wünsche und Bedürfnisse erkennen und umsetzen" und vieles andere mehr.

Nun bin ich vor kurzem darauf gestoßen, dass es hier eine - sogar wissenschaftlich überprüfte - Übereinstimmung gibt, nämlich MBSR. Mindfulness-Based Stress Reduction bedeutet übersetzt etwa "auf Achtsamkeit basierende Stressreduktion" und wurde von dem amerikanischen Professor Dr. Jon Kabat-Zinn, dem Gründer der Stressreduktionsklinik an der University of Massachusetts Medical School begründet.

"In der Achtsamkeits-Meditation macht man anfangs Gebrauch von einer einsgerichteten Aufmerksamkeit, um Ruhe und Beständigkeit zu kultivieren. Wenn Gedanken oder Gefühle entstehen, ignoriert man sie nicht, noch unterdrückt man sie, noch analysiert oder beurteilt man ihren Inhalt. Stattdessen betrachtet man sie, absichtlich und so gut man kann, ohne sie zu bewerten, wie sie von Moment zu Moment als Ereignisse im Feld des Gewahrseins entstehen. Ironischerweise führt diese umfassende Wahrnehmung der Gedanken, die im Geist entstehen und vergehen, dazu, daß man sich weniger in ihnen verstrickt. Der Beobachter erhält einen tieferen Einblick in seine Reaktionsweisen auf alltäglichen und auf Schwierigkeiten. Indem die Gedanken und Gefühle aus einem gewissen Abstand heraus betrachtet werden, kann klarer erkannt werden, was tatsächlich im Geist abläuft."
(Jon Kabat-Zinn (1999) Streßbewältigung durch Achtsamkeit)


Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, daß Mediation bei Stress sehr hilfreich ist.
Forschungsergebnisse

Was heißt nun aber Achtsamkeit? Im Buddhismus hat die Achtsamkeit einen zentralen Stellenwert: Achtsam sein bedeutet, ganz in der Gegenwart, im Hier und Jetzt zu sein und sich seiner Gefühle, Gedanken und Handlungen in jedem Augenblick voll bewusst zu sein (reine Wahrnehmung der Fülle, die sich im Augenblick bündelt, ohne sie zu beurteilen, einfach nur als Zeuge in sich ruhend). Buddhisten üben sich in Achtsamkeit vornehmlich durch Meditation. Buddhistische Meister betonen jedoch die Wichtigkeit, Achtsamkeit zu einer das ganze Leben prägenden und durchdringenden Geisteshaltung zu machen. Der vielleicht wichtigste buddhistische Text zur Achtsamkeit ist die Satipatthana Sutta, in der die Lehre von den vier Grundlagen der Achtsamkeit (Achtsamkeit auf den Körper, Achtsamkeit auf die Gefühle/Empfindungen, Achtsamkeit auf den Geist, Achtsamkeit auf die Geistobjekte) dargelegt wird.

Achtsamkeit basiert auf den folgenden vier Voraussetzungen:
  • Über-Bewusstheit: Wir verlieren uns nicht in einer Tätigkeit, sondern sind uns bewusst, dass wir etwas Bestimmtes tun
  • Nicht abgelenkt sein: Unsere Wahrnehmung wird nicht beeinträchtigt durch Grübeleien, Zukunftssorgen, Gefühle oder andere Störungen
  • Neutralität: Wir beurteilen oder bewerten nicht das Wahrgenommene, auch wenn uns etwas bereits bekannt vorkommt und wir gerne auf Vorurteile oder Erfahrungen zurückgreifen möchten. Wir registrieren die Geschehnisse, ohne Gedanken oder Gefühle einzuklinken
  • Perspektivenwechsel: Wir sind uns bewusst, dass unsere Sichtweise falsch, beschränkt oder einengend sein kann, weil Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden können


Hierzu gibt es sowohl im Buddhismus, als auch von Jon Kabat-Zinn, sogenannte Achtsamkeitsübungen. Am Beispiel einer solchen Übung möchte ich euch mal verdeutlichen, worum es dabei geht.

Achtsames Gehen: Stellt euch vor ihr macht einen Spaziergang. Wie sieht das aus? Oft doch so, dass ihr schon während des Spazierganges an viele andere Sachen denkt (Was muss ich heute noch machen? Was muss ich noch einkaufen? Was koche ich heute? etc.).
Oder aber ihr seid durch alle möglichen Dinge abgelenkt, so dass ihr den eigentlichen Spaziergang nur so nebenbei wahrnehmt. Im Gegensatz dazu geht es beim achtsamen Gehen darum, sich voll und ganz auf den Moment, den Spaziergang einzustellen. Und zwar mit allen
Sinnen und offen, sprich ohne analysieren oder bewerten zu wollen (s.w.o.).

Ihr werdet ein vollkommen neues und anderes Spaziergang Erlebnis machen. Diese Übungen kann man auf alle Bereiche des täglichen Lebens ausweiten. Das Essen, Arbeit, Kommunikation mit anderen etc.

Wichtig ist mir euch zu sagen, dass Achtsamkeit auch immer euch selbst gegenüber wie auch der Umwelt gegenüber notwendig ist. Denn nur wer in der Lage ist sich selbst gegenüber achtsam zu sein, der kann das auch seiner Umwelt gegenüber - Partner, Kinder, Kollegen, Tieren, Natur etc.

"Auf mich selbst achtend, achte ich auf den anderen,
Auf den anderen achtend, achte ich auf mich selbst."

Sakyamuni Buddha, Satipatthana Samyutta, Nr. 19



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